«Kraftwerke» fürs Leben...

...oder ganz einfach – als Mensch hat mich dieses Thema ein Leben lang in unterschiedlichster Ausprägung begleitet! Dass «Kraftwerke» in diverser Hinsicht bedeutsam für uns Menschen sind, ist heute unbestrittener denn je. Ich danke der Kantonsschule Zimmerberg herzlich, dass ich als scheidender Rektor anlässlich meines Altersrücktritts einen etwas speziellen Rückblick auf meine berufliche Laufbahn anstellen darf.

Aufgewachsen im Wägital, begleitete mich der dortige Stausee meine ersten zwanzig Lebensjahre. Strom war bei uns zuhause das zentrale Thema, wirkte mein Vater doch als Stauseewärter und damit Stufenverantwortlicher für die mächtige Staumauer des dortigen Kraftwerks. Fast schon wöchentlich durfte ich im Vorschulalter meinen Vater auf seinen Kontrollgängen in den engen Gängen und Schächten der Mauer und in den zugehörigen Stromerzeugungszentralen begleiten. Zumindest ansatzweise wusste ich bereits damals, wie Strom erzeugt wird und wie wichtig, aber auch gefährlich dieser sein kann. Dieses imposante 100-jährige Bauwerk sollte mich noch viele Jahre lang begleiten, nicht zuletzt auch, da ich abends im doch recht unheimlich wirkenden Tal bei Dunkelheit die Lichtenergie nutzen konnte.

Einige Jahre später – ich hatte mittlerweile die enge Talschaft verlassen und war in die Grossstadt gezogen – begegnete ich während meines Biologiestudiums an der Universität Zürich bisher unbekannten «Kraftwerken». Dass es sich dieses Mal aber um winzige Zellorganellen – die Mitochondrien – handelte, die mindestens so wichtig für den Energiehaushalt von allen Lebewesen sind wie das grosse Wasserkraftwerk, wurde mir erst während meiner Ausbildung im Thema Cytologie wirklich bewusst. Ohne diese für die Entwicklung der Lebewesen bedeutsamen «Mikro-Organe» einer Zelle wäre Leben aus heutiger Sicht nicht denkbar. Dass diese Kraftwerke mit ihrem CO2-Ausstoss wie viele andere Lebewesen allerdings einen Beitrag zur Klimathematik leisten, muss an dieser Stelle auch erwähnt werden.

Dass Energie für unser Leben von zentraler Bedeutung ist, wissen wir also nicht erst seit heute. Speziell die vergangenen Jahre haben uns gezeigt, wie wichtig eine stete, nachhaltige und garantierte Energieversorgung auf allen Ebenen ist. Plötzliche Mangellagen können uns in schwierige und damit existentielle Situationen bringen.

Allerdings entsprechen all diese Beispiele der rein klassischen Vorstellung von Energie. Klar, dauerhaft mit Energie versorgte Computer sind in der heutigen Lernwelt nicht wegzudenken, man denke doch nur an das BYOD-Unterrichten der heutigen Zeit. Bekanntlich beschränkt sich Unterrichten aber nicht auf das Funktionieren und den gekonnten Umgang mit technischen Unterrichtshilfen – auch wenn man dies heute hie und da meinen könnte.

Für mich war erfolgreiches Unterrichten ganz besonders überfachliche Inhalte getragene Beziehungsarbeit. Gross war stets die Freude, mit den Schülerinnen und Schülern konstruktiv zusammenzuarbeiten, mich mit ihnen auszutauschen, mal einen Schwatz über Alltägliches mit ihnen zu halten, sie weiterzubringen. Es war meine tagtägliche Aktivierungsenergie, mich für die Schule bzw. die Schülerinnen und Schüler einzusetzen – notabene ohne Staumauer, Kraftwerk oder Mitochondrien...

Dass ich mir in meiner Laufbahn aber noch andere, für mich entscheidende Energiequellen zu Nutze kommen liess, verdanke ich vor allem weiteren Beziehungen mit Menschen, die mich in meiner gut 40-jährigen Berufslaufbahn im Schuldienst konstruktiv begleitet haben. Dafür danke ich den Kollegien der Kantonsschulen Wiedikon, Uetikon am See und Zimmerberg in meiner Fachschaft Biologie, und auch darüber hinaus. Sie haben mich mit ihrer aktiven Präsenz Tag für Tag auf herausfordernde Art und Weise weitergebracht und mir damit den Willen und die Kraft gegeben, für meine Schulen und deren Angehörige immer vollen Einsatz zu leisten.

Das entscheidende Puzzleteilchen für mich spielte in jeder Hinsicht allerdings meine Familie. Sie bot mir den oft notwendigen Rückzugsort, war Quelle für Neues, stand beratend zur Seite, auch wenn es brannte – und dies tat es doch das eine oder andere Mal! Sie zeigte mir immer wieder, wo der richtige oder zumindest vernünftigste Weg lag – und dafür bin ich ihr enorm dankbar. Ohne meine Familie wäre aus mir wohl kaum das geworden, was ich heute bin, hätte ich dem System Schule nie das geben können, was ich ihr hoffentlich gab. Sie spielte als «emotionales» Kraftwerk die entscheidende Rolle für meinen beruflichen Erfolg.

Für mich war es eine in jeglicher Hinsicht erfüllende Laufbahn. Ich weiss, ich war kein grosser Visionär, mir lagen das ehrlich Umsetzbare und damit realistisch Erfolgversprechende näher. Ich hoffe daher, dass ich meinen Schülerinnen und Schülern ein fachlich und pädagogisch kompetenter und verlässlicher Lehrer war – und dass ich meine Schulen als «Rektor», als «Aufbaurektor» und als «Gründungsrektor» korrekt, vertrauenswürdig und mit einer guten Portion Humor geführt und weitergebracht habe, damit sich alle Menschen unter meiner Leitung entwickeln und so zu voller Entfaltung bringen konnten. Mir lagen die Schülerinnen und Schüler bzw. die Lehrpersonen und damit ihr Lern- bzw. Lehrerfolg stets am Herzen!