
Augenblicke
Betrachtung der Zeit
Mein sind die Jahre nicht,
die mir die Zeit genommen;
mein sind die Jahre nicht,
die etwa mögen kommen;
Der Augenblick ist mein,
und nehm ich den in acht,
so ist der mein,
der Zeit und Ewigkeit gemacht.
Andreas Gryphius, um 1640
«Manchmal stelle ich mir vor, dass man so eine schöne Zeit wie jetzt einfach in ein Marmeladenglas stopfen kann. Und wenn es einem später mal schlecht geht, dann dreht man einfach den Deckel auf und schnuppert ein bisschen daran.»
Die Magie des Marmeladenglases liegt also nicht nur in den Augenblicken selbst, sondern in den Erinnerungen daran, die wir mit uns tragen und sozusagen konservieren.
In einem so grossen Sammelsurium von verschiedenen Charakteren, Leidenschaften, Talenten und Träumen, wie es eine Schule ist, kommen so manche Augenblicke zusammen, an die man sich Monate und Jahre später noch erinnern kann. Egal, ob man sie lauthals lachend bei einem Klassentreffen zum Besten gibt oder sie einem erst Jahre später an einem regnerischen Samstag beim Ausräumen der Spülmaschine ein stummes Lächeln aufs Gesicht zaubern, es lohnt sich, an den besonderen Augenblicken festzuhalten.
Im Zeichen solcher Augenblicke und deren Konservierung soll sodann auch dieser Artikel stehen. Kurz vor der Matur stehende Schülerinnen und Schüler wissen: So sehr sich die letzten Wochen vor den Ferien auch manchmal ziehen mögen und so sehr die letzte Lektion vor dem Mittag einfach nicht vorbeigehen will, so schnell verfliegt im Grossen und Ganzen gesehen die Gymizeit doch dahin. Und auch als Lehrpersonen fragen wir uns immer wieder: «Wie, schon Sommerferien? Wo ist das Frühlingssemester geblieben?»
Wie schon Andreas Gryphius, bedeutendster Lyriker der Barock-Epoche, so treffend im eingangs zitierten Gedicht formulierte: Wir können die Zeit nicht festhalten, weder die vergangenen noch die kommenden Jahre – doch die Augenblicke, die können wir uns zu eigen machen.
Und sie sind zahlreich, diese Augenblicke im Laufe eines Schuljahres an der KZI, die man sich zu eigen machen kann. In der Vorweihnachtszeit wurde man auch dieses Jahr wieder mit wohltuenden Klängen durch die vielen freiwilligen Beiträge im musikalischen Adventskalender verwöhnt, die sechsten Klassen haben sich an ihrem letzten Schultag, dem LSD («last school day»), gebührend gefeiert und die mannigfaltigen Fokuswochen haben die Schülerinnen und Schüler wieder sowohl geistig als auch physisch in neue Gefilde entführt.

Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 3b, 3d und 3e fertigten Linolschnitte. Sie setzten sich zunächst vor einer gemusterten Projektion in Szene und hielten diese Inszenierung fotografisch fest.
«Für mich sind es Momente wie die letzte Fokuswoche: Plötzlich steht die Deutschlehrerin vor meiner Tür und fragt mich: «Du Matthias, hesch du es paar Schufle?» – Fünf Minuten später stehe ich gemeinsam mit der Gruppe der Zukunftswoche auf dem Stück Wiese neben der Schule und helfe beim Verbuddeln von Zeitkapseln mit. Ich glaube, die Fokuswochen sind gespickt mit solchen Momenten, die allen gehören.» M. Füchslin
«Ein Augenblick, den ich persönlich nie vergessen werde, ist das Hobby-Horsing am letzten LSD. Wir konnten unser Glück fast nicht fassen, als es hiess, dass sich die Lehrpersonen nun auf ein Steckenpferd schwingen und einen Hindernisparcours absolvieren müssen. Es war schön zu sehen, dass die Lehrpersonen auch mal für ‘Seich’ zu haben sind und über sich selbst lachen können.» A.S.
«Die Mittagskonzerte sind für mich typisch KZI – auch wenn man manchmal nur im Vorbeigehen einen kurzen Blick auf die Musizierenden erhascht, hängt einem der musikalische Augenblick – und manchmal sogar ein Ohrwurm – noch stundenlang nach.» A. Herzog
Neben den lauten und aufregenden Augenblicken gibt es auch viele kleine, vermeintlich unscheinbare Momente, die manche von uns in ihr Marmeladenglas stecken möchten. Da wird noch kurz über ein gemeinsames Interesse wie beispielsweise das Fliegen mit Drohnen geplaudert, dort erzählt eine Lehrperson, welche Versuche sie damals im eigenen Chemieunterricht machen durfte. Es sind diese Momente, in denen Beziehungen entstehen, man miteinander lacht und spürt, dass der Alltag der KZI zusammen statt bloss nebeneinander gelebt wird.

Ausgehend von einer Fotografie beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler künstlerisch mit dem Medium Linoldruck.
«Für mich sind es die Augenblicke direkt vor und nach der Lektion, wenn man Zeit hat, um mit den Lehrpersonen über etwas anderes als den Schulstoff zu sprechen. Da wir viele junge (und jung gebliebene) Lehrpersonen haben, hat man als Schüler das Gefühl, dass sie relaten («mitfühlen») können.» M. F.
«Da wir in unserem Fachschaftszimmer ein buntgemischter Haufen von Lehrpersonen verschiedenster Fächer sind, muss man für ein fächerübergreifendes Gespräch nie weiter als über die Tischkante hinausblicken. Dieser lockere und interdisziplinäre Austausch kreiert immer wieder schöne Augenblicke, bei denen man seinen Horizont erweitern und neue Inspiration gewinnen kann.» N. Grond
«Es ist zwar kein sehr flüchtiger, sondern viel eher ein regelmässig wiederkehrender Augenblick, er bringt uns aber jedes Mal zum Schmunzeln: Die KZI ist ein echtes Süssmaul. Noch nirgends haben wir in der 10-Uhr-Pause so viele Süssigkeiten verkauft wie hier – am höchsten im Kurs sind immer die Cookies und die Schoggi-Stängeli.» Mensa-Team
Ob es nun die grossen Augenblicke sind, die mit viel Herzblut, Engagement und gemeinsamem Anpacken herbeigezaubert wurden, wie das erste grosse Chor- und Bandkonzert, oder eher die kleinen, umso flüchtigeren, zwischenmenschlichen Augenblicke – sie alle machen die KZI neben dem Unterricht zu dem, was sie ist: In vielerlei Hinsicht eine Schule wie jede andere, aber mit ganz vielen kleinen Augenblicken, die sie besonders machen.
Dass dies nur eine kleine Auswahl von all den gesammelten Augenblicken dieses Schuljahrs war, versteht sich von selbst. Dennoch hoffen wir sehr, einen Eindruck davon vermittelt zu haben, welche Erinnerungen die Menschen der KZI in ihren persönlichen Marmeladengläsern konservieren würden. Rohe, fröhliche, chaotische, zum Nachdenken anregende, wirre, musikalische, schwermütige und leichte Augenblicke – die in einem Wimpernschlag schon wieder vorbei sind.

Mithilfe unterschiedlicher Schneidewerkzeuge übertrugen sie ihre Bildideen auf die Linolplatten, variierten die gestalterischen Möglichkeiten und experimentierten mit unterschiedlichen Farbkombinationen.










