It’s not a year in your life, it’s a life in a year

Neue Perspektiven – ein Jahr im Austausch

Auch wenn wir dies zu Beginn nicht glauben konnten, hat es sich als wahr herausgestellt. Wir, Elodie und Lena, haben im Herbstsemester 24/25 ein halbes Jahr in den USA verbracht. Dort haben wir eine reguläre Highschool besucht, neue Hobbys ausprobiert und wurden für ein halbes Jahr in eine Familie aufgenommen – in eine Familie, die zur unsrigen wurde.

Als wir uns für dieses Abenteuer entschieden hatten, machten wir uns auf die Suche nach einer passenden Organisation. Nachdem der Entschluss gefallen und der Auslandsaufenthalt von der Schule bewilligt worden war, begannen die Vorbereitungen. Dabei hatten wir uns für die grösste Herausforderung unseres Lebens beworben, ohne zu wissen, wo es uns hinführen würde, denn die Gastfamilien haben das Privileg, einen Schüler oder eine Schülerin auszusuchen, während du noch nichts von ihnen weisst.

Mit etwas Geduld kam der Austausch nicht nur zeitlich näher, sondern wurde auch immer klarer und persönlicher. So erhielten wir beide eines Tages die lang ersehnte Nachricht: Wir bekamen unsere Gastfamilien. Ab diesem Zeitpunkt wurde uns nochmals richtig bewusst, dass wir die KZI für ein halbes Jahr verlassen würden.

Der Abschied fiel uns nicht leicht, dafür war die Vorfreude noch viel grösser. Letztendlich verschlug es uns nach Idaho und Texas. Unsere Erfahrungen könnten nicht unterschiedlicher sein, aber jede auf ihre Art genau richtig. Und würde man uns fragen, ob wir wieder gingen, wäre die Antwort: «Auf jeden Fall.»

Elodie, Bonners Ferry, Idaho (USA)

Eine Gastfamilie im Norden Idahos, damit hätte ich nicht gerechnet. Aber das Leben hält bekanntlich viele Überraschungen bereit. So kam es, dass ich im August 2024 nach Idaho flog. Empfangen wurde ich mit offenen Armen von der Familie Dickson.

An den Moment, in dem ich in Spokane aus dem Flugzeug stieg, kann ich mich noch gut erinnern. War ich aufgeregt? Natürlich. Hatte ich viel Zeit für Zweifel? Nein. Denn schon stand ich vor meinen vier Gastgeschwistern und meinem Gastvater. Alles andere rückte in diesem Moment in den Hintergrund. Auf dem Weg nach Hause fragte mich mein Gastvater, ob ich wisse, was «brave» bedeute. Leicht verwirrt bejahte ich. Daraufhin sagte er mir, ich sei «brave», weil ich mich gerade auf dem Weg zum Haus einer fremden Familie befinde. Eine Familie, die ich noch nie gesehen hatte. Kurzerhand sagte ich, sie seien ebenfalls «brave». Denn auch sie kannten mich noch nicht. Daraufhin war das Eis gebrochen.

Meine Zeit in Idaho verging wie im Flug. Ich durfte unglaublich viel erleben, hatte eine unbeschreibliche Zeit mit meiner Gastfamilie und musste lernen, auch bei Heimweh nicht aufzugeben. Einer meiner Höhepunkte war neben der fantastischen Landschaft Idahos und der Herzlichkeit aller Menschen der Sport an der High School. Dort spielte ich im Volleyballteam mit und konnte den unglaublichen Support spüren, der rund um den Sport herrscht. Seien es die Schülerschaft, die uns bei jedem Spiel lauthals anfeuerte, die Cheerleader, deren Training eines der härtesten war, oder auch meine Teamkolleginnen. Teil eines Teams zu sein, ist ein unbeschreibliches Gefühl!

Ich glaube, gerade all die neuen Eindrücke, das Heimweh und manchmal die Missverständnisse aufgrund kultureller Unterschiede haben mich schlussendlich stärker und selbstbewusster gemacht. Dabei habe ich mich auch gefreut, an die KZI zurückzukehren und alle wieder zu begrüssen. Seit ich zurück bin, ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht an Idaho zurückdenke und schmunzeln muss. Denn schlussendlich denke ich: «Ich bin so froh, dass ich dieses Abenteuer gewagt habe, und ich war wohl schon ein bisschen 'brave'.»

Lena, Palestine, Texas (USA)

Alles, nur nicht Texas. Bei der Vorbereitung hatte ich mir immer genau das gewünscht. Doch ich hatte nicht erwartet, dass es genau das Richtige für mich sein würde.

Am 27. Juli sass ich ängstlich im Flugzeug nach Texas. Ich wusste nicht, wie die Gastfamilie mich empfangen würde, ob wir auf einer Wellenlänge sein würden und ob sie sich überhaupt für mich interessierten. Aber all diese Gedanken verschwanden schlagartig, als ich das Lächeln meiner Gastfamilie sah.

Von Tag eins an war ich überall involviert, durfte meine Kultur teilen und ihre erleben. Ich hörte immer: «Wow, du gehst ganz alleine in die USA», aber du bist nie alleine. Wenn mich nicht meine Gastfamilie begleitete, waren es meine Freunde, welche ich durch meine Klassen und das Volleyball kennenlernte. Und nicht nur da, sondern auch beim Lunch, in verschiedenen Clubs und an Footballspielen.

Die Footballspiele waren bestimmt eines meiner Highlights, denn es gab nicht nur das Spiel, sondern auch die Cheerleader und die Pep Rally. Dort kommen alle Schülerinnen und Schüler und alle Lehrpersonen zusammen, machen Stimmung und feuern das Team an. Ein unbeschreiblicher Moment, bei dem du merkst, dass du nun Teil dieser Schule bist.

Und gab es auch schlechte Momente?

Natürlich. Jedoch würde ich sie nicht als «schlecht» bezeichnen, sondern als Momente, bei denen ich dazulernen musste. Es wird bei einem Austauschjahr Missverständnisse geben, und nicht alles ist so, wie man es von zu Hause kennt. Dies kann schwierig sein, aber man lernt daraus. Man wird stärker und offener. Denn wenn etwas für einen nicht stimmt, sollte man immer darüber sprechen. So wächst man immer mehr zusammen. Man wird zu einer Familie, was ich anfangs nicht für möglich gehalten hätte.

Gegen Ende meines Austauschs fragte ich meine Gastmutter, warum sie dies eigentlich täten. Warum nehmen sie Schüler auf, wenn doch der Abschied so schwerfallen kann? Ich kann mich noch daran erinnern, dass sie mir diese Frage an dem Tag nicht beantworten konnte. Doch am nächsten Tag kam sie mit leichten Tränen auf mich zu und meinte: «Every goodbye is hard, but without goodbyes, there wouldn’t be any hellos.»

Sie hatte recht. Der Abschied war schwer, doch ohne diesen Abschied hätte es nie einen Anfang gegeben.

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